Von falschen und echten Helden

Andacht zum zweiten Advent

von Mirjam Mehnert

„Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.“

Chuck Norris hat die Formel 1 ausgerechnet.

Chuck Norris grillt unter Wasser.

Chuck Norris hat das „Happy Meal“ zum Weinen gebracht.

Chuck Norris hat bis „Unendlich“ gezählt – zwei Mal.

Chuck Norris kennt die letzte Zahl von Pi.

Wenn du allein ein Rennen gegen Chuck Norris fährst, wirst du Dritter.

Chuck Norris ist nicht allmächtig! Denn wenn er es ist, soll er zu mir nach Hause kommen und mein Gesicht auf die Tastatur drückhjgkjhguzhjbjjhghjgjhb.

Kennen Sie noch mehr davon? Chuck Norris – der Held, der alles kann, vor dem sich alle Naturgewalten beugen, der alle Naturgesetze außer Kraft setzt. Mal ehrlich: Solche Helden gibt es in Filmen, in Büchern, vielleicht in meiner Phantasie. Aber ich weiß: Im wahren Leben gibt es sie nicht. 

Die Frage ist: Wie ist denn ein „Held“ gestrickt? Ist er so wie das Produkt meiner Vorstellung – allmächtig, stark, unfehlbar und dabei auch noch ehrenwert, mutig, ehrlich, unbestechlich? 

Wobei … Sind solche Unmöglichkeiten, wie Fische zu ertränken oder den Niagara-Fall zu lösen, überhaupt heldenhaft? Im Grunde sind sie ja nur lustige Gedankenspielereien. 

Woran mache ich fest, wer ein Held ist und wer nicht? Ich könnte da einiges aufzählen: die Menschen mit Zivilcourage, die, die in Krankenhäusern, Rettungswachen und Pflegeheimen Überstunden schieben, die, die sich einer karitativen Sache verschreiben, Hilfsgüter in Katastrophengebiete transportieren, sich gegen den Hunger in der Welt einsetzen, bedrohte Tierarten retten … Das sind die Helden des Alltags, die wir bewundern, zu denen wir aufschauen, die unseren Respekt und unsere Anerkennung verdienen. 

Als Frau kann ich sagen: Einen echten Helden zu Hause zu haben, ist bestimmt wunderbar. Einer, der alles kann, der mich beruhigt, beschützt und umsorgt, genug Geld nach Hause bringt, den Rasenmäher und das Auto repariert, das Wohnzimmer renoviert, die Glühbirne wechselt, die Küche aufbaut und das Wasser anschließt. Einer, der zärtlich ist und kinderlieb. Der romantisch am Lagerfeuer sitzt und Gitarre spielt und mich elegant zum Essen ausführt. Einer, der sich meine Sorgen anhört und mir keine ungebetenen Ratschläge erteilt, der mich überrascht, mir mein Lieblingsessen kocht, mich nach einem anstrengenden Tag mit einer Tasse Kaffee begrüßt und die Gäste eloquent unterhält … 

Männer, hört auf zu lachen oder euch an die Stirn zu tippen! Jede Frau weiß, dass Männer auch nur Menschen sind. Einer, der alles kann und keine Fehler macht, ist eine Illusion.

Wenn es also gar keine echten Helden gibt – wozu dieser Impuls? Und was, wenn mir in meinem Leben tatsächlich ein echter Held begegnete? Würde ich über ihn staunen? Oder hätte ich eher Angst vor ihm?

Im o.g. Bibelvers aus dem Jesajabuch wird Jesus als Held definiert – als Gott-Held. Der Gott, der Naturgewalten zum Schweigen bringt und Naturgesetze außer Kraft setzt. Sein Heldentum aber sieht ganz anders aus: In einem Stall inmitten von Armut und Alltäglichkeit kommt Gottes Sohn zur Welt. Kaum eine Woche alt, wird er zum Flüchtling. Er wird in einer Umgebung aufwachsen, die von einfachem Leben, bodenständigem Handwerk und der Verankerung in den Gepflogenheiten seiner Kultur und Zeit geprägt ist. Seine Heldenhaftigkeit zeigt er nur für kurze Zeit, wenn er Kranke heilt und Tote auferweckt. Die wahre Heldentat sieht damals niemand. Der Gott, der in die Welt kommt, um unser Sein zu verstehen. Der Gott, der die Trennung zwischen ihm und uns aufhebt, der einen Kampf um uns führt, indem er das Böse besiegt. Ein Gott-Held, der vor Liebe den Himmel verlässt, sich auf unsere alltäglichen Belange einlässt und am Ende blutet und stirbt – wegen den Menschen und für sie.  

Jesus ist der, der von Gott selbst zum Helden erhoben wird – allmächtig, stark, mutig, großherzig, unfehlbar, ehrenwert. 

Jesus will auch der Held meines Lebens sein – mein Beschützer, Tröster und Verteidiger gegen das Böse. Der, der mich trägt, festhält, voranbringt, verändert, der mein Leben und Sein kennt und zum Strahlen bringen will. Einer, der von Herzen liebt und der in seinem Heldentum nicht prahlen oder großtun muss, sondern der sich erbarmend und mitfühlend zu mir herunterbeugt und nichts anderes im Sinn hat, als mich mit seiner heldenhaften Liebe zu umfangen, meine inneren Wunden zu heilen, meine besten Seiten hervorzubringen.

Das ist der Gott-Held, dem es lohnt, zu folgen – ein echter Held, den wir im wahren Leben erfahren können und dürfen. Wenn wir uns an ihm orientieren, sind wir an der besten Adresse für wahres Heldentum – mitten in unserm Alltag.

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