Von Christian Mehnert
Denn uns ist ein Kind geboren! Ein Sohn ist uns geschenkt! Er wird die Herrschaft übernehmen. Man nennt ihn »Wunderbarer Ratgeber«, »Starker Gott«, »Ewiger Vater«, »Friedensfürst«. (Jes. 9,5)
Wenn sich Weihnachten nähert, oft bezeichnet als Zeit der Wunder oder wunderbare Zeit, habe ich neben Liedern wie „Wonderful Christmas Time“ von Paul Mc Cartney oder „Winterwonderland“ ab und zu den Hit von Nena im Ohr. „Wunder gescheh’n. Ich hab’s geseh’n. Es gibt so vieles, das wir nicht versteh’n. Wunder gescheh’n. Ich war dabei. Wir dürfen nicht nur an das glauben, was wir seh’n.“
Sicher kein ausgesprochenes Weihnachtslied. Aber doch fordert es uns zu etwas auf, das uns wohl mehr und mehr verloren gegangen ist. Trauen wir uns noch, an Wunder zu glauben? Oder hat unser Verstand, der Zugriff auf schier nie versiegende Quellen tatsächlicher und auch vermeintlicher Fakten den Blick für das nicht Sichtbare, das Unfassbare, das Wunderbare verstellt?
Schau ich auf das Jahr zurück, auf all das, was uns in diesem Jahr leider auch (schon wieder) an Herausforderungen ereilt hat, dann kommt mir allzu oft in den Sinn: „Da hilft eigentlich nur noch ein Wunder.“ Oder „…da ist guter Rat teuer.“
Hier, in unserem Text, wird nun beides in einem Namen genannt.
In unterschiedlichen Übersetzungen der Bibel erscheinen die genannten Namen unterschiedlich. Die wohl Bekannteste dürfte von Martin Luther stammen, der den ersten Namen mit „Wunder-Rat“ nennt. Ich kannte die Übersetzung von Kindesalter an, hab mich aber nie wirklich gefragt, was die Namen bedeuten sollen. Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friedefürst.
Die in der Einleitung stehende Übersetzung ist die „Hoffnung für Alle“. Sie geht schon etwas weiter in die Auslegung des Textes. Jesajas Text ‚besingt‘ einen Thronfolger, dessen Rat Wunder bewirken kann, weil es der Rat ist, der von Gott selbst kommt. Kommt dir das vielleicht noch von anderer Stelle bekannt vor?
Eins der bekanntesten Weihnachtslieder „Es ist ein Ros entsprungen“ geht ebenfalls auf einen Text von Jesaja zurück, der auf einen kommenden Ratgeber und gerechten Richter hinweist. (Jesaja 11).
Im Lied heißt es „aus Gottes e’wgem Rat hat sie ein Kind geboren…“ Auch wieder ein solcher Text, den wir (fast) alle kennen und ihn meist singen, ohne uns zu Fragen, was er eigentlich bedeutet. Das ist gar nicht mehr unser Sprachgebrauch und macht vielleicht besonders für Kinder, die aber trotzdem oft dieses Lied schon kennen, kaum Sinn.
Eine schöne Anekdote in diesem Zusammenhang habe ich mal im Fernsehen gehört, wo ein ehemaliger (ich glaube, es war ein Thomaner?) Chorknabe davon berichtet hat, was er als Kind verstanden zu haben meinte. Und da das für ihn damals auch irgendwie mehr Sinn ergab, sang er eben: „Aus Gottes ewgen Draht hat sie ein Kind gebogen…“ Wunderbar!! 🙂
Dieser wunderbare Rat wird von Jesus in die Welt getragen. Wollen wir ihn hören? Ich fordere dich heraus, dich in der Bibel, im Gespräch mit Christen, im Hören und Teilhaben im Gottesdienst, auf die Suche nach diesem Rat zu begeben.
Als unser Sohn geboren wurde, war das für uns, wie wohl für die meisten Eltern ein absolutes Wunder. Als ich ihn zum ersten Mal in den Arm gelegt bekam, war ich einfach nur sprachlos. Ich saß da und wir haben uns angeschaut. Wir waren beide still. Ich vor Ehrfurcht vor diesem Moment und diesem Wunder in meinem Arm, er wohl eher vor Erschöpfung.
Sicher ein streckenweise anstrengendes Wunder. Man könnte sich heutzutage fast schon fragen, ob es eine gute Idee ist, Kinder in diese Welt, diese Zukunft, diese Ungewissheit zu setzen. Und doch haben wir in der Geburt und nun über die Jahre seines Aufwachsens, Gottes Handeln und Seine Güte gesehen. Und wir fragen uns heute, wie Gott im Leben unseres Sohnes in Zukunft handeln wird und Seine Geschichte mit ihm weiter schreibt.
Die Geschichte Jesu in dieser Welt beginnt schon mit einem Wunder, indem Maria schwanger wird, ohne „von einem Mann gewusst zu haben.“ Mal ehrlich, was sollte denn das? Hätte Jesus nicht auch ganz „normal“ gezeugt werden können? Ist denn die Zeugung eines Kindes wirklich ein „sündhafter“ Vorgang, der Jesus unrein gemacht hätte? Das wäre wohl noch mal ein Thema für sich. Aber: Jesus sollte den Thron Davids wieder aufrichten. Das hatte historisch aber einen Haken. Wenn wir die direkte Linie von Joseph, Marias Verlobtem, zu David zurückverfolgen, dann wird uns ein König namens Jojachin begegnen. Von seinen Nachkommen sollte niemand auf den Thron Davids gelangen. Gott selbst sprach einen „Fluch“ über ihn aus. Und damit wäre auch Jesus betroffen, wenn er das leibliche Kind Josephs, einem Nachkommen Jojachins, wäre. Durch seine Mutter Maria, deren Linie sich ebenfalls, wenn auch auf anderem Wege, zu David zurückverfolgen lässt, hat Jesus ein leibliches und durch die „Pflegevaterschaft“ Josephs, auch ein rechtmäßiges Anrecht auf den Thron Davids.
Dieser Königssohn, der den wunderbaren Rat Gottes in die Welt bringen soll, wird auch nicht in einem Palast geboren sondern in einem Stall. In das Elend hinein. In die Dunkelheit durch die das Volk wandelt (Jes. 9, 1). In diese (unsere) Dunkelheit möchte Gott mit seinem Licht strahlen. In diesen Streit, die Konflikte, das Leid, die Angst und die dadurch entstehende Ratlosigkeit möchte Gott mit seinem Rat geboren werden um Wunder zu vollbringen.
Verfolgen wir die Lebensgeschichte Jesu, dann stoßen wir auf viele Berichte über Wunder, die er getan hat. Das wohl größte Wunder, das seiner Auferstehung nachdem er am Kreuz hingerichtet wurde, öffnet den Zugang für die Welt zurück zu Gott. Das macht auch Hoffnung für die Zeit, die vor uns liegt, weil Gott auch heute noch Wunder tut. Es ist eben nicht hoffnungslos, aussichtslos, wertlos. Auch nicht für unsere Kinder. Sondern ein Privileg. Und das kann es auch für andere werden, wenn wir diese Botschaft vom Kind in der Krippe bis hin zur Erlösungstat Jesu durch seinen Tod und Auferstehung in die Welt tragen, damit auch sie diesen wunderbaren Ratgeber persönlich kennenlernen können. Es mag sein, dass dadurch nicht schlagartig alle Dunkelheit aus der Welt verschwindet. Wir haben noch immer Sorgen und es gibt auch noch immer Leid. Aber ER wird zum Licht und zur Hoffnung für die Welt gegen Hass, Tod, Krieg und Hoffnungslosigkeit.
„…eine Welt, in der Gott Mensch geworden ist, die ist einfach anders. Die hat nun eine Würde, die sie nicht mehr verlieren kann. Die hat nun in sich eine Liebe, die auch der Tod nicht umbringen kann. Die hat nun einen Frieden, den man nicht erschießen kann. Die hat ein Vertrauen, das den Hass überdauert, eine Zuversicht, die Angst nimmt und eine Hoffnung, die das Leben erst richtig lebendig macht.“ 1
(1 Göttinger Predigten im Netz, aus der Predigt von Probst Martin Meyer, Erlöserkirche Jerusalem)