von Christian Mehnert
Am letzten Freitag war es mal wieder soweit.
Lange haben viele Menschen darauf gewartet. Einige haben es kaum ausgehalten, regelrecht darauf hin gefiebert. Und ich muss zugeben, ich hab mich vor einiger Zeit auch mal nicht zurückhalten können.
Ich rede vom Black Friday.
Wenn man BLACK FRIDAY einfach mal bei Google eingibt, dann findet man sofort alles zu Sonderangeboten und Schnäppchenpreisen. Allen voran sind es die großen Versandhändler, die massiv ihre Marktmacht nutzen, um Preise für einen vorübergehenden Zeitraum teilweise massiv zu senken und unglaubliche Summen in kürzester Zeit umzusetzen. Ich möchte gar nicht groß darauf eingehen, ob und wieviel man als Kunde dabei wirklich spart oder ob wir uns nicht gerade erst dadurch dazu hinreißen lassen haben, Geld auszugeben für Dinge, die wir gar nicht brauchen oder uns unter anderen Umständen nicht gekauft hätten. Und auch nicht, dass es vielleicht gerade solche Preiskampfaktionen sind, die Mitschuld daran tragen, dass der Einzelhändler, die von der Coronakrise stark betroffen sind, keine ausreichenden Rücklagen bilden konnten, weil sie immer wieder vor der Wahl stehen, den Wahnsinn mitzumachen oder gar nicht zu verkaufen.
Ein Umstand macht diesen gerade vergangenen Black Friday noch attraktiver: Er hat genau vor dem ersten Advent stattgefunden. Und zwar nicht vor irgendeinem ersten Advent. Sondern dem ersten Advent 2020. Für viele ein katastrophales Jahr. Für alle ein spezielles Jahr. Und für nicht wenige ihr letztes Jahr.
Wo kommt er denn eigentlich her, der Black Friday. Das ist sicher keine Erfindung von Amazon, Alibaba und Co.
Er hat seinen Ursprung schon in der Antike, in der schlechte Tage als „dies ater“ bezeichnet wurden, was „schwarzer Tag“ bedeutet.
Heute ist uns dieser Begriff, wenn wir etwas darüber nachdenken, nicht nur vom gemeinschaftlichen Kaufrausch bekannt, sondern hat irgendwas mit dem Finanzmarkt zu tun.
Der Große Crash der US Börse 1929 ging bei uns als DER schwarze Freitag in die Geschichte ein, obwohl er doch eigentlich ein Schwarzer Donnerstag war, durch die Zeitverschiebung hier bei uns aber am Freitag stattfand. Und er wurde gefolgt vom Tragic Tuesday, an dem es noch weiter nach unten ging bis zum Tiefstpunkt.
Es gab Black Fridays davor und auch danach, wie z.B. 2008. Die letzte richtig große Finanzkrise, heraufbeschworen durch Gier und Maßlosigkeit und letztendlich ausgelöst durch die Pleite der Bank.
Tausende haben in diesen Krisen alles verloren, von dem sie dachten, dass es wichtig ist und dass es sie ausmacht. Ihr Leben, so, wie sie es kannten, hatte binnen Stunden aufgehört zu existieren. Aufgebaute Vermögen waren schlagartig nichts mehr wert. Bis dato reiche Bänker standen vor den Scherben ihrer Arbeit und ihrer Karriere. Sie hatten bis zu diesem Tag zu hunderten und tausenden Immobilien ge- und verkauft um Profit damit zu machen und waren auf einmal selbst mittellos und konnten sich teilweise ihr eigenes zu Hause nicht mehr leisten. Viele haben das nicht überwunden und sind zum teil sofort andere erst kurze Zeit später in den Freitod gegangen.
Was bleibt, wenn das, was unser Leben ausmacht plötzlich wegbricht? Was ist die Essenz unseres Lebens, wenn das drumherum plötzlich einfach nicht mehr ist?
Viele sind in diesem Jahr zum Teil sehr schmerzhaft, geradezu brutal mit dieser Frage konfrontiert worden.
Aber auch da, wo nicht der Tod direkt eine Lücke gerissen hat, es „nur“ um das wirtschaftliche Überleben geht, weil durch Maßnahmen zum Schutz Aller, Einzelnen der Raum genommen wurde, der sie selbst geschützt hat, ihnen ihr Auskommen gesichert hat, da ist es nachvollziehbar, dass an so mancher Stelle nach Sinn und Maß gefragt wird. Auch dann, wenn man grundsätzlich hinter den ergriffenen Maßnahmen steht.
Gerade erst in dieser Woche wurden noch einmal Maßnahmen stellenweise verschärft, mit dem Ziel, uns wenigstens an Weihnachten etwas mehr (ist vielleicht schon fast zu viel gesagt), oder ein klein wenig Freiheit und Gemeinschaft mit der Familie zu erlauben. Das scheint es ja zu sein, was Weihnachten für uns ausmacht. Zeit mit Freunden und Familie. Besinnliche Stimmung auf Weihnachtsfeiern und -märkten. Glühwein und Schmalzkuchen. Tannen- und Räucherduft. Gemeinsames Weihnachtsliedersingen und nicht zuletzt auch das traditionelle Krippenspiel im Gottesdienst am heiligen Abend in vollen Kirchen.
All das, oder zumindest vieles davon wird in diesem Jahr nicht möglich sein.
Was bleibt übrig von Advent und Weihnachten, wenn uns das meiste von dem nicht möglich ist, von dem wir dachten, dass das Weihnachten ist? Es scheint, als wären für dieses „Fest religiösen Ursprungs“ nicht einmal Gottesdienste elementar wichtig. Und das stimmt sogar. Gott will nicht, dass wir unser Leben mit ihm an den Rahmen einer Veranstaltung oder ein Kirchengebäude binden. Er möchte eine persönliche Beziehung in jeder Situation, ungeachtet der äußeren Umstände. Dann, wenn es uns richtig gut geht und auch dann, wenn wir mies drauf sind. Dann, wenn wir wirtschaftlich erfolgreich sind oder wenn wir am Boden liegen und nicht weiter wissen. Dann, wenn wir im Kreis meiner Lieben feiern können und auch dann, wenn uns Krankheit und Tod unser liebstes genommen haben.
Ein amerikanischer Investmentbanker, der nach dem Börsencrash vor dem Nichts stand, kein Geld mehr hatte, seine Arbeit, seine Wohnung und auch noch seine Familie verloren hatte, fand in dieser Zeit seinen Glauben an Christus zurück. Und er stellte fest: „Manchmal merken wir erst, dass Jesus alles ist, was wir brauchen, wenn Jesus alles ist, was wir haben.“
Sein Leben, sein Reichtum hatten ihm den Blick verstellt, für das, worauf es ankommt. Bis ihm die Augen schmerzhaft geöffnet wurden.
Man wünscht natürlich niemandem, dass er erst ganz tief fallen muss, um zu erkennen, was wirklich elementar wichtig ist.
Wir möchten Ihnen deshalb in den nächsten Wochen immer an den Adventwochenenden einige Gedanken mit auf den Weg durch die vor uns liegende Advents- und Weihnachtszeit geben und versuchen, mit Ihnen das „Konzentrat“ von Weihnachten vielleicht zum ersten mal, vielleicht auch ganz neu wiederzuentdecken.
Christus wird Mensch. Nicht trotz unserer Krisen sondern eben gerade für die Zeit der Krise und als Weg aus der Krise.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete erste Adventswoche und würde mich freuen, wenn Sie nächste Woche (natürlich gern auch öfter) wieder auf unserer Seite vorbeischauen.
Alles Gute!
Gott befohlen!