Von Zwischenzeiten, vom Warten und von stillerZeit

Von Mirjam Mehnert

„In der Zwischenzeit könnte ich doch …“ Kennen Sie diesen Satz? Schnell noch einen kleinen Einkauf erledigt, eine Rücksendung fertiggemacht, eine Überweisung getätigt, eine E-Mail geschrieben, die Wäsche in die Maschine gestopft.Irgendein Punkt von der To-do-Liste passt immer noch in die Lücken meiner Tagesplanung oder ich quetsche etwas Zusätzliches in ein eigentlich viel zu kleines Zeitfenster, nur um die entstehende „Zwischenzeit“ effizient zu nutzen. Wartezeiten gilt es, sinnvoll zu überbrücken. „Stillstand ist der Tod“, sang schon Herbert Grönemeyer.

Doch es gibt ja nicht nur diese Zwischenzeiten, die entstehen, weil die letzte Minute des Waschgangs immer die längste istoder der Kuchen im Ofen dreißig Minuten braucht.

Es gibt auch diese hässlichen Zwischenzeiten, die sich schlecht füllen lassen mit einer kurzen Alltagsaktivität: Wenn ich im Krankenhaus liege und es nichts zu tun gibt, außer zu warten, bis ich wieder nach Hause darf, und die Zwischenzeit nur totgeschlagen werden kann mit Fernsehen und Handyspielen. Wenn ich mich nutzlos fühle, weil ich spüre: ich werde nicht mehr so gebraucht wie früher. Wenn ich älter werde und mich die Kräfte verlassen, wenn ich mich einsam oder ungesehen fühle. Wenn mein Lebenstraum zerbricht,meine Stützen wegbrechen, meine Gewohnheiten nicht mehr funktionieren. Wenn mich die Trauer einhüllt wie in ein schwarzes Tuch.

Für solche Zwischenzeiten nützt es nichts, eine Handvoll guter Ideen zu haben, die ich mal eben „dazwischenschieben“ kann, um meine Zeit effektiv auszunutzen.

Und damit kommen wir an – an dem Ostertag, der zwischen dem traurigen Karfreitag und dem frohen Auferstehungsmorgen am Ostersonntag liegt. Ein Tag ohne Namen, ein Tag scheinbar ohne Bedeutung. Zwischenzeit.

Stellen Sie sich vor, Ihr bester Freund, ihre beste Freundin ist gestorben. Viel zu jung, kein plötzlicher Tod, sondern einer, dem man hilflos zusehen muss. Durch dick und dünn sind Sie miteinander gegangen, haben gelacht, geweint, aneinander geglaubt, sind füreinander eingestanden. Und dann – alles aus.Dieses Loch, diese Leere, die Stille, die wie Watte um den Trauernden liegt, durch die das Alltagsgeschehen anscheinend gar nicht durchdringt. Stehengebliebene, verlorene Zeit.

So erging es den Freunden von Jesus. Am Gründonnerstag noch gefeiert, am Karfreitag hilflos dem Sterben des besten Freundes zugesehen, und dann … Karsamstag. Stille. Leere. Warten. Worauf? Hoffen. Wozu? Die Bibel berichtet uns nichts über diesen schwarzen Tag, aber wir können davon ausgehen, dass es ein sehr stiller Tag gewesen ist.

Wir aber haben es so viel besser als diese elf, die sich einschließen. Im Gegensatz zu uns wissen sie noch nicht, dass es weitergeht. Sie haben nur sich und die Schockstarre des vergangenen Tages.

 Zwischenzeiten, die sich nicht einfach so überbrücken lassen, weil sie nicht überschaubar oder terminierbar sind, zwingen uns, innezuhalten, zu warten, eine Zäsur zu machen und dem, was ist, stillzuhalten. In solchen Zwischenzeiten, wo wir das, was uns lieb und teuer, vertraut oder selbstverständlich war, begraben müssen, ist es gut, still sein zu dürfen. Denn in der Stille ist immer noch Gott, der sich dann neben uns setzt und sagt: „Du kennst mich vielleicht nicht so, wie ich es mir wünsche, aber ich kenne dich. Und ich würde das mit dem Kennenlernen gern nochmal versuchen, jetzt, wo du nichts anderes zu tun hast.“

 Ich möchte Sie ermutigen, solche unangenehmen Zwischenzeiten in Ihrem Leben auszuhalten und Ausschau zu halten nach dem, der sich nach Ihrer Freundschaft sehnt und Ihnen die Hand entgegenstreckt. Ja, der heutige Tag mag keinen Namen und keine Bedeutung im Kalender haben, aber wäre es nicht eine gute Gelegenheit, innezuhalten und diesem Gott in der Stille dieses Tages zu begegnen?

 

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